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Die Mythologie Des Merkur

In der Tempelanlage in Tawern auf dem Metzenberg wurden mit großer Wahrscheinlichkeit mehrere Götter verehrt. Als gesicherte Erkenntnis gilt die Verehrung des Gottes Merkur.

Dies beweisen insbesondere folgende Inschriften auf Fundstücken:

  1. eine Inschrift vom steinernen Türsturz eines Tempels der 1. Bauphase,
  2. eine Widmung an Apollo und Merkur auf einem Weihealtar aus Kalkstein (mit Vor- und Nachname des Opfernden),
  3. ein Bruchstück von einer Bronzestange, ebenfalls mit einer Widmung an Merkur,
  4. weitere 2 Inschriften auf steinernen Bruchstücken.

Diese Fundstücke sind direkte Beweise für eine besondere Verehrung des Gottes Merkur in der Tempelanlage. Alle Teile wurden im Brunnenschacht gefunden.

Steinfragment von einem Türsturz
Steinfragment von einem Türsturz der 1. Bauphase, gefunden im Brunnenschacht im Tempelbezirk Tawern, 1. Jahrhundert n.Chr.

Der ebenfalls im Brunnenschacht gefundene überlebensgroße Kopf einer Statue aus Kalksandstein ist nach Überzeugung der Archäologen der einer Merkurfigur. Dafür sprechen die abgeflachten seitlichen Kopfpartien, die auf die Darstellung des geflügelten Filzhut des Merkur zurückzuführen sind. Dieser geflügelte Hut als Attribut für den windschnellen Götterboten lässt ihn eindeutig als Merkur (bzw. den griechischen Hermes) identifizieren.

Originalkopf einer Merkurstatue aus Kalksandstein
Originalkopf einer Merkurstatue aus Kalksandstein, gefunden im Brunnenschacht der Tempelanlage in Tawern, 1. Jahrhundert n. Chr.

Auch die Nähe zu der wichtigen Handelsstraße Metz – Trier legt die Vermutung nahe, dass Merkur, der Gott der Händler und allgemein der Reisenden, hier besonders gerne aufgesucht wurde.

Alle weiteren Funde im Tempelbezirk mit Bezug auf Götter (Inschriften, Reliefe, Weihealtäre, Terrakottafigur) sind Hinweise auf andere, wahrscheinlich hier verehrte Gottheiten. Sie sind aber nicht in der Weise zu deuten, dass diesen anderen Gottheiten auch eigene Tempelbauten gewidmet waren.

Da die meisten Fundstücke sich auf Merkur beziehen, ist es sehr wahrscheinlich, dass dieser Gott die hier wichtigste verehrte Gottheit war. Man kann daher sagen, Merkur war der Hauptgott der Tempelanlage in Tawern.

Griechischer Mythos des Hermes als Grundlage für die Mythologie des Merkur

Marmorskulptur des Hermes
Marmorskulptur des Hermes mit dem neugeborenen Dionysos auf dem Arm, geschaffen von Praxiteles, 330 v. Chr.

Die Götter der Griechen und Römer sind ein Stück abendländischer Religionsgeschichte, die wir heute ausschließlich christlich zu definieren pflegen – und gleichzeitig ein Stück Geistesgeschichte. Im Allgemeinen stellen die Götter der Griechen sich uns heute auch als die der Römer, nur unter ihrem lateinischen Namen, vor. Bei näherer Betrachtung ergeben sich jedoch viele, teils fundamentale Unterschiede. Den Griechen zeigen sich die Götter in menschlicher Gestalt, mit menschlichem Wesen, Gefühlen und Leidenschaften. Der Römer stellt sich – zumindest in den ersten Jahrhunderten der römischen Geschichte- das Göttliche zwar mit Einsicht und Willen vor, aber es bleibt unsichtbar und ist nur an seinem Wirken erkennbar. Römische Götter hatten daher gewöhnlich keinen eigenen Mythos. Erst mit der Personifikation in griechischem Geist änderte sich dies.

Die Religion der Griechen und Römer ist polytheistisch, was sich erst mit Einführung des monotheistischen Christentums änderte. An die Stelle der vielen Götter tritt nun ein einziger Gott und der zeigt sich der Welt in seinem Sohn Christus als Mensch. Diese Botschaft von der Menschwerdung des Göttlichen hat sicherlich in einer inzwischen im römischen Reich stattgefundenen Personifikation (Vermenschlichung) der Götterwelt im auch griechischen Sinn leicht Verständnis gefunden bei Leuten, denen die Erscheinung des Göttlichen in Menschengestalt vertraut war.

Die hellenische Göttermythologie, die mit Göttern, Giganten, Titanen, Kyklopen, Halbgöttern, Satyrn, Nymphen, Plejaden, Nereiden, Heroen und Zentauren aufwartet (um nur einige Begriffe zu erwähnen), wirkt auf den ersten Blick sehr uneinheitlich, ja zum Teil verwirrend. Diese Verwirrung wird noch verstärkt, wenn man erkennt, dass verschiedene Gebiete innerhalb der griechischen Welt den einzelnen Gottheiten abweichende Eigenschaften zuordnen. So kann es z.B. sein, dass dem Gott Hermes in den ländlichen Gebieten des Peleponnes, Thessalien oder Arkadien die Eigenschaft als Hirtengott zugeordnet wird, die aber in den Stadtstaaten Athen, Korinth, Saloniki und Sparta fehlen kann.

Auf die vor Etablierung der olympischen Götter bestehende Götterwelt kann hier nicht eingegangen werden, sie ist auch zum Verständnis der Mythologie des Hermes nicht unbedingt erforderlich.

Hermes gehört in der griechischen Göttervielfalt zu den sog. „Zwölfgöttern“. Er ist der Sohn des Zeus und der Plejade Maia. Zu der Gruppe der Zwölfgötter gehören z.B. sein Vater Zeus (der römische Jupiter), dessen Gattin Hera, sein Halbbruder Apollo, dessen Zwillingsschwester Artemis, Poseidon, Ares, Athena, Aphrodite, Demeter und Vestia an. Man nennt die „Zwölfgötter“ auch die „olympischen Götter“, weil sie auf dem Berg Olymp, dem höchsten Berg Griechenlands, ihre Wohnstatt hatten.

Deckenfresko in der Sala dell’Iliade, Palazzo Pitti, Florenz
Deckenfresko in der Sala dell’Iliade, Palazzo Pitti, Florenz, von Luigi Sabatelli geschaffen Ca. 1780

Die Götter des Olymp waren nahezu allmächtig, doch die Macht eines jeden war durch die der anderen begrenzt, da jeder seinen sachlichen Herrschaftsbereich hatte. Nur Zeus war allmächtig. In vieler Hinsicht glichen die Götter den Menschen, Sie hatten Schwächen, Leidenschaften und Gefühle, gerieten in Zorn, waren eifer-süchtig, mordeten und liebten – oder hatten amouröse außereheliche Abenteuer.

Vor allem aber verlangten sie von den Menschen Achtung und Verehrung. Sie stiegen immer wieder vom Olymp zu den Menschen herab, um ihnen zu helfen, sie zu strafen und in ihr Schicksal einzugreifen. Aber auch, um sich mit ihnen zu vereinigen und Kinder zu zeugen. Die Kinder eines Gottes und eines Menschen galten als Halbgötter, die außergewöhnliche Fähigkeiten hatten.

Ihren heiligsten Eid in Verbindung mit Versprechen an die Menschen, schworen die Götter „bei den Gewässern des Styx“ (das ist einer der beiden Flüsse, der die Welt der Lebenden von der Unterwelt – also der Welt der Verstorbenen- trennt).

Einführung des griechischen Hermes in die römische Götterwelt als „Mercurius“, Gott der Kaufleute, Händler und Diebe

Hermes wurde nachweislich bereits im 5. vorchristlichen Jahrhundert (im Jahre 495 vor Christus) in die römische Götterwelt als Mercurius übernommen. Der römische Handel war lange Zeit in ausländischen Händen und darum besaßen die Römer weder einen eigenen Handelsgott noch einen Gott der Schifffahrt. Als sie den griechischen Hermes kennen lernten, nannten sie ihn „Mercurius“, den Kaufgott, den Gott der Händler und Kaufleute. Mercurius hängt ethymologisch mit lat. „merx“, d.h. „Ware“, zusammen. Antike Literaten sprechen von Mercurius als einem, der sich um Waren kümmert. In romanischen Sprachen lebt er fort im Namen für den Mittwoch („mercoledi“ im Italienischen, „mercredi“ im Französischen). Botengänge, alle Arten von Transport und Gewinn, sind seine wesentlichen Zuständigkeiten.

Der Schriftsteller der Antike berichtet, dass die konkrete Einführung seines Kultes in Rom mit der Errichtung eines Tempels für Ceres, Liber und Libera in Zusammen-hang stand. Ceres ist die Göttin der Ackerfrucht, die für Wachsen, Reifen und Ernte, insbesondere des Korns zuständig ist. Die Fähigkeiten bzw. Zuständigkeiten dieser, dem Merkur besonders nahestehenden Göttin, werden auch vielfach auf Merkur übertragen.

Die Römer behielten lange Zeit nur die Hauptseite der vielen Wesenszüge des hellenischen Gottes im Auge. Er blieb bei den Römern zunächst nur der Gott des Handels und Gewinnes, der Schutzgott der Krämer und Kaufleute und des Betruges, der Beschützer der Märkte und Häfen. Er war für wirtschaftlichen Wohlstand und Glück verantwortlich. Erst nach und nach im Verlauf der römischen Geschichte wurden auch die vielen anderen Eigenschaften des Hermes auf Merkur übertragen. Ein Geldbeutel („marsupium“, ein aus dem Balg eines Kleintieres gefertigtes Behältnis, an dem die vier abgebundenen Beine noch gut zu erkennen sind), den er meist in seiner rechten Hand trägt, lässt ihn mit seinen diesbezüglichen Eigenschaften erkennen.

Als Schutzgott des Handels überhaupt erfand er auch die Mittel des Austausches: die Buchstabenschrift, die er aus dem Flugbild eines Kranichs entwickelt haben soll, die Zahlen, Maße und Gewichte.

Die Eigenschaft als Gott der Diebe und der List ist ein vollkommen anderer Wesens-zug, der sich schon als Baby mit dem Viehdiebstahl der Rinder seines Halbbruders Apollo zeigt. Sie ist jedoch damit keineswegs zu Ende. Wegen weiterer Eskapaden siehe Darstellung unter ‚Geburtsmythos’. Die Diebeseigenschaften zeigen auch die Wandlungsfähigkeiten dieses schwer zu fassenden Gottes. Er verändert auch sein Wesen je nach dem in welcher Gesellschaft er sich befindet und übernimmt die Eigenschaften und sogar das Geschlecht seiner Begleiter. Als Sinnbild hierfür wurde dem ersten der inneren Planeten unseres Sonnensystems der Name Merkur gege-ben. Der Planet Merkur ist zum einen glühend heiß und zum anderen tiefgefroren (dies wurde als „wandlungsfähig“ angesehen) überdies ist er der schnellste im Sonnensystem, er reist in ca. 88 Erdtagen um die Sonne (Hinweis auf den ebenfalls windschnellen Götterboten).

Geburtsmythos des Hermes

Die Geschichte des Geburtsmythos ist uns durch Berichte gleich mehrerer Schrift-steller der Antike bekannt. Die ausführlichsten Beschreibungen liefert dabei der altgriechische Schriftsteller Homer, der auch als Schöpfer der „Odysse“ und der „Ilias“ gilt. Im sog. „Homerischen Hymnos auf Hermes“ ist insbesondere der Geburtsmythos zum Teil sehr prosaisch ausgemalt. Die Figur des kleinen, schelmischen Hermes erheitert dabei jeden Leser. Aber auch in seinem Werk „Ilias“ wird an mehreren Stellen von Hermes berichtet. Der antike Schriftsteller Ovid berichtet in seinen „Metamorphoses“, Plutarch in seinen „De Iside et Osiride“ und Horaz in seiner „Carmina“ über Hermes und dies ist nur eine kleine Auswahl der schriftlichen Zeugnisse.

Im Mittelalter, insbesondere in der Renaissance, werden die griechischen Mythen wieder erneut in Schrift, Bild und sogar Ton thematisiert – die Taten der griechischen Götter sind in dieser Zeit in Kunst und Kultur gefragt.

Aber auch eine sehr große Anzahl griechisch/hellenistischer Terrakotta- und Keramikbemalung aus insbesondere dem 6.- 2. Jahrhundert vor Christus, Steinskulpturen und –reliefe, berichten über die Taten des Hermes.

Nach diesen literarischen Quellen wurde Hermes als Sohn des Zeus und der Plejade Maia in dem waldreichen Gebirge Kyllene in Arkadien (das ist in Mittelgriechenland) geboren. Wegen des Gebirges wurde er auch mancherorts einfach nur „der Kyllenier“ genannt. Sofort nach der Geburt in einer Grotte am Berg Kyllene entfaltete er die von ihm bekannte geschäftige Beweglichkeit, die ihn von allen anderen Göttern unterscheidet und auszeichnet. Schon kurz nach der Geburt krabbelt er aus dem Worfelkorb (griech. „liknos“, einem aus Bast geflochtenen flachen Korb, wie man ihn zum Trennen von Spreu und Korn verwendet) und der als Krippe diente. Der Korb soll im Altertum als Symbol von Reichtum und Fruchtbarkeit gegolten haben. Er trifft auf eine Schildkröte, tötet sie, höhlt die Panzerschale aus und bespannt diese mit Saiten, die er aus Schafdärmen gefertigt hat. Rinderhaut dient als Schalldecke und schon hat er das erste Musikinstrument der Weltgeschichte, die Lyra (eine Art Zither), erfunden. Er kann sie auch direkt spielen und besingt dazu in neckischer, provozierender Art sein Zuhause, die Liebschaft seiner Eltern und die Mägde der Mutter mit ihren Unarten. Bei nächster Gelegenheit schleicht er sich wieder aus der Wiege und begibt sich nach Pierien, wo sein Halbbruder Apollo ein herrliches Gehöft besitzt. Von der Rinderweide sondert er 50 der besten Tiere ab und entführt sie. Damit die Fährte der Rinder nicht entdeckt wird, bindet er den Tieren Zweige und Reisig an die Schwänze und um die Hufe, so dass die Tiere ihre eigene Spur verwischen. Zudem lässt er die Tiere rückwärts in das Höhlenversteck laufen, damit die entführte Herde nicht entdeckt wird. Nur der Greis Battos, der noch spät in seinem Weinberg in Onchestos/Böotien arbeitete, sieht ihn. Dieser gelobt dem Hermes jedoch Stillschweigen und er verbirgt die Rinder in einer Höhle bei Phylos. Zwei Rinder opfert er und teilt das Fleisch in 12 Teile (für jeden olympischen Gott eines). Er bereitet es an Holzspießen an offenem Feuer zu, isst aber selbst nichts davon (wir wissen auch von anderen Stellen, dass die Götter zwar Tieropfer verlangten, aber nichts davon essen durften). Er gilt daher auch als der Erfinder aller offenen Herdstellen. Dann kehrt er –nach diesem erlebnisreichen Ausflug einer einzigen Nacht durch halb Griechenland- zum Berg Kyllene zurück. Er dringt –einem herbstlichen Luftzug ähnlich wie ein Nebel- durch das Schlüsselloch in Maia’s Grotte zurück und legt sich in Windeln gehüllt zurück in seine Wiege. Seine Mutter, die ihn bemerkt hat und ihm Vorwürfe macht, tröstet er damit, dass er nicht rasten würde, bis Zeus ihn unter die unsterblichen Götter aufgenommen hätte und wenn dies nicht geschehe, würde er es selbst versuchen, und wenn er auch nur Herrscher der Diebe werde.
Apollo bemerkt am nächsten Tag den Raub und macht sich auf die Spur nach der Herde und dem Dieb. Durch die verwischten Spuren wäre er –trotz seiner Seherfähig-keiten- fehlgeleitet worden, doch er trifft den Greis von Onchestos, der ihm einen Tipp zum Aufenthaltsort der Herde gibt. Apollo findet die Höhle von Phylos und ver-folgt die Spur des Hermes bis nach Kyllene. Er findet seinen Halbbruder in seiner Wiege unschuldvoll schlummernd. Mit geheuchelter Verwunderung und mit Dreistig-keit leugnet dieser jede Beteiligung an dem Diebstahl. Auch als Apollo droht, den kleinen Schelm den Berg hinunterzuschleudern, benimmt dieser sich kaltblütig und unverschämt (er pfeift und trillert während der Standpredigt). Apollo bringt den Fall vor den gemeinsamen Vater, dieser soll entscheiden. Vor „Gericht“ bleiben Apollo die wundersamen Kräfte des Hermes nicht verborgen. Zeus (als Richter), Apollo und Hermes -in Windeln gehüllt- stehen vor der Rinderherde des Apollo. Der fesselt den kleinen Bruder mit zwei Weidenruten, um seine Kraft zu binden. Doch die Zweige lösen sich wie von selbst, fallen zu Boden, beginnen zu wachsen und verflechten sich zu einem Zaum, der die Herde umgibt. Zeus muss über den angeklagten Sprössling und die komische Situation lachen, aber er bestimmt, dass Hermes die Herde zurückgeben muss. Widerstrebend gehorcht Hermes, doch gibt er seine Sache immer noch nicht verloren. Er zeigt dem Halbbruder bei Ablieferung der Rinder sein erfundenes Musikinstrument und verzaubert ihn mit dem schönen Klang der Lyra derart, dass dieser die Rinder gegen die Lyra eintauscht. Beide werden nun die besten Kameraden und forthin gilt Apollo als der Erfinder der Lyra, dem sie sogar so wichtig wird, dass er in vielen Statuen die Lyra spielend dargestellt wird. Dem Hermes blieben die Rinder und die Gewalt über Herden und Weiden. Apollo schenkte ihm sogar den goldenen Hirtenstab (ursprünglich eine gabelige Wünschel-rute, welche Reichtum bringt und zauberische Kraft besaß) und verwies ihn zur Erlernung der Sehergabe an die am Parnaß wohnenden Thrien, drei geflügelte Schwestern. Hermes schwor dem Apollo einen Eid, dass er nie mehr die ihm ange-borene Diebeskunst an dem Eigentum des Bruders anwenden wolle und erfand als Ersatz für die Lyra die Hirtenflöte oder Syrinx.

Einem seiner Nachfahren, dem Gott Pan, überlässt er eine ähnliche Erfindung, die Panflöte.
Der Ruf des Hermes als Dieb ist also in seiner frühesten Kindheit angelegt. Er bestiehlt noch als Säugling den Poseidon und nimmt ihm den Dreizack, dem Ares (der römische „Mars“) stiehlt er das Schwert, dem Hephaistos (dem Schmied der Götter) die Feuerzange, selbst Zeus das Zepter. Als er von Aphrodite auf dem Arm getragen wird, entwendet er ihr den Gürtel und Apollo vermutet, er hätte Zeus sogar den Donnerkeil entwendet, wäre ihm dieser nicht zu heiß und zu schwer gewesen. Auch wenn ein Dieb nicht in unser Verständnis eines Gottes passt – so ist es doch so, dass in Hirtenkulturen, z.B. auf Kreta –als Mutbeweis- bis auf den heutigen Tag Viehdiebstahl üblich ist.

Merkur als Götterbote, wegweisender und wegbegleitender Gott

Am vielleicht häufigsten wird Merkur oder Hermes als Sendbote der Götter, insbe-sondere seines Vaters Zeus, dargestellt. Er ist ein meist gutmütiger, helfender Gott, der in vielfältiger Weise im Auftrag oder im Dienste Anderer tätig ist. Als Nachrich-tenüberbringer musste er schnell unterwegs sein, daher die Flügel an seiner Kappe oder an den Sandalen, die ihn entsprechend als windschnell, wir würden heute sagen windschlüpfrig, muskulös aber nicht athletisch, darstellen. Er war jedoch nicht immer nur Nachrichtenüberbringer, sondern gelegentlich auch Vollstrecker des ihm von anderen übertragenen Auftrages. Weil die Aufträge meistens von Zeus kamen, gilt er geradezu als Vertreter der obersten Herrrschergewalt. Ihm wird z.B. die Befreiung des Ares und der Io, die Rettung des Dionysos und Asklepios vom Feuertod und die Bestrafung des Irion und Prometheus zugeschrieben. Als göttlicher Vollstrecker konnte der sonst immer gutmütig auftretende Gott auch sehr grausam sein, so z.B. bei der Befreiung der Io: Zeus hatte mit Io ein Verhältnis begonnen und Hera, die Gattin des Zeus, hatte daraufhin Io in eine Kuh verwandelt und diese war in die Gefangenschaft des Argos geraten und wurde von diesem hundertäugigen Wächter bewacht. Hermes schäfert zunächst mit seiner Syrinx den Argons ein und enthauptet diesen im Schlaf, deswegen wird Hermes auch der „Argostöter“ genannt.

Bronzefigur des Hermes als Götterbote
Bronzefigur des Hermes als Götterbote, Nationalmuseum del Bargello, Florenz, geschaffen von Giovanni da Bologna 1564

Wer aber die Befehle Anderer ausrichtet und Schützlinge Höherer mit Rat und Tat unterstützen will, muss die Gabe des richtigen Gedankenausdrucks besitzen. Man dachte sich Hermes deshalb weiterhin als Ideal der Überredungskunst, als Schutz-gott der Redner, Philosophen und Dichter. Sprichwörtlich sagte man im antiken Griechenland von einem schwer zu Überzeugenden: „Er glaubt selbst dem Hermes nicht“ und bei plötzlicher Gesprächspause: „Hermes ist eingetreten!“. Bei Blut-opfern wurde ihm deshalb die Zunge einers Opfertieres geweiht. In dieser Weise ist er als „Hermes Logios“ bekannt.

Hermes gilt weitumfassend auch als Kulturbringer ersten Ranges; im Auftrag des Zeus stattet er die Menschen mit dem Sinn für Recht und Toleranz aus, um ein friedliches Zusammenleben in Städten zu ermöglichen. Er zeigt den Menschen, wie man Höhlen als Wohnung nutzen kann, hat vielen Dingen einen Namen gegeben, die Umgangssprache weiterentwickelt. Die Buchstabenschrift erfunden, als erster die geordnete Bewegung der Gestirne beobachtet und Harmonie und Charakter der Töne festgestellt. Auch die Erfindung der Palaestra (heute würden wir sagen: Fitnessstudio) und der körperlichen Ertüchtigung wird ihm zugeschrieben.

Als Gott des Verkehrs unter den Menschen, als dem überallhin gelangenden Geschäftsträger der Götter, stehen Hermes alle Wege und Tore offen. Er nimmt sich auch ohne besonderen Auftrag von Anderen den Wandernden/Reisenden an und wird zum Geleiter und Führer auf schwierigen Pfaden. Der in den Krieg ziehende Feldherr opfert ihm, bei Antritt und Ende jeder Reise wird an ihn erinnert. Seine nur halb vermenschlichten Steinpfeiler (der obere Teil war als Büste ausgearbeitet), die Hermes, standen vor vielen Privat- und Staatsgebäuden, auf öffentlichen Plätzen, vor Torportalen und insbesondere an den Wegekreuzungen. Auf den Landstraßen diente diese „Herme“ später mit ihren Inschriften als Wegweiser und Längenmesser und wo sie nicht stand, deuteten Steinhaufen, denen jeder fromme Reisende im Vorüber-gehen einen weiteren Stein hinzufügte, auf die Anwesenheit des gottes hin und dieser diente als Zeichen, das man sich auf dem richtigen Weg befindet.

Hermes geleitet einen Verstorbenen an das Ufer des Styx
Zeichnung nach antikem Vorbild: „Hermes geleitet einen Verstorbenen an das Ufer des Styx, wo der Fährmann Charon den Verstorbenen übernimmt der ihn in die eigentliche Unterwelt bringt“

Hermes geleitet sogar die Verstorbenen behutsam bis zum Hades, die Unterwelt, das Reich der Toten. Die Unterwelt ist die in der Vorstellung der Griechen im fernen Westen liegende Welt der Verstorbenen, an deren Schwelle zwei kämpferische „Sphingen“ (halb Mensch, halb geflügeltes Tier) jeden Kontakt mit der Welt der Lebenden verhindern. Sie wird von den Flüssen „Styx“ und „Acheron“ umflossen. Die Flüsse trennen die Unterwelt von der Welt der Lebenden, sie wird von dem dreiköpfigen Höllenhund „Kerberos“ bewacht. Hermes geleitet die verstorbenen Seelen sicher bis an den Fluss „Styx“, vom Höllenhund „Kerberos“ unbehelligt und vertraut sie an dessen Ufer dem Fährmann „Charon“ (Charon ist ein Dämon oder Geist, der im Dienste des Gottes Hades steht) an, der sie mit einem Boot über den Fluss in den eigentlichen Hades, die Unterwelt, befördert.

So ist Hermes immerwährend ein Begleiter der Menschen, im Leben wie im Tod und gilt auch als Vermittler zwischen Lebenden und Toten.